← zurück zur Kategorie Argos-Journal , Mitteldeutsche Kultur und Geschichte

Die Vermessung Sachsens…

…oder die Geschichte eines einzigartigen Systems, welches über 130 Jahre in Gebrauch war.

Mit den heutigen Verkehrsmitteln und einem gut ausgebauten Straßennetzen ist es nur noch ein Katzensprung von
Leipzig nach Gera, Dessau-Roßlau oder Riesa. Vor über 300 Jahren brauchte man für solch eine Strecke bis zu zwei Tage. Als richtungsweisende Hilfsmittel wurden Sachsens Straßen neu vermessen und erhielten ein einzigartiges System aus verschiedenartigen Postsäulen.

Nach dem 30jähren Krieg erholt sich Sachsen langsam. Besonders in den großen Städten wie Leipzig oder Dresden
wird Messen gehalten und gehandelt. Im Erzgebirge entsteht neben dem Bergbau die Textilindustrie. Damit entwickelt sich auch ein Handels- und Botendienstnetz zwischen den Herrscherhäusern, Städten, Dörfern und Kirchen im Kurfürstentum sowie der Postdienst, welcher Fahrgäste in Kutschen befördert. Dieser Aufschwung veranlasst August den Starken dazu das Land neu vermessen zu lassen. 1713 beauftragt er damit den Pfarrer von Skassa bei Großenhain Adam Friedrich Zürner. Dieser fordert acht Jahre später durch den „Codex Augustheus“
die Errichtung von Steinsäulen als Postmeilensystem. Für das Aussehen dieser Postsäulen soll August der Starke Anregung gegeben haben. Die Konstruktion übernahm der damalige Landesarchitekt Matthäus Daniel Pöppelmann. So wurden bis 1750 etwa 1700 Säulen entlang der Straßen des Sächsischen Kurfürstentums errichtet.

Bei der Einführung des Kursächsischen Postmeilensystems unterschied man zwischen vier verschiedenen Säulen bzw. Steinen, die verschieden groß waren und sich, bis auf wenige Einzelheiten, im Aussehen voneinander unterschieden. Sie wurden entlang der Straßen in einer bestimmten Reihenfolge aufgestellt. Die wenigen Gemeinsamkeiten waren die Initialen von August des Starken, ein Posthorn sowie die Jahresangabe der Errichtung.

Die größte der Säulen, die Distanzsäule, war 4,50 Meter hoch und hatte die Form es Obelisken. Diese fand man entweder als Marktsäulen im Zentrum oder als Torsäulen an den Toren der Städte. Zu sehen war im oberen Viertel das Wappen von August des Starken sowie seine Initialen. Darunter die verschieden Routenführungen und die sich darauf befindenden Orte vom nächstliegenden bis zum entferntesten. Die verschiedenen Routen wurden durch einen Querstrich getrennt. Auf einer Distanzsäule gab man die Entfernungen in Stunden an. Weitere Angaben
waren eventuelle Landesgrenzen, welche mit GR und die Anzahl der Poststationen der Strecke, welche vor den
Ortsnamen angeben wurden. Am unteren Ende befanden sich die Jahresangabe der Aufstellung sowie ein Posthorn.

Die Ganzmeilensäulen waren 3,50 Meter hoch. Sie hatten die Form eines schlanken Obelisken. Bei dieser Art der Postmeilensäulen wurden die benachbarten Orte angegeben. Das Besondere der Straßensäulen, wozu die  Ganzmeilensäulen zählen, ist die Reihennummer. Diese Nummer gibt den Standort der Säule zum Bemessungsursprung an. Wenn man die Reihennummer der Ganzmeilensäule mit 2,27 multiplizierte erhielt
man die Entfernung bis Ausgangspunkt der Messung.

Halbmeilensäulen waren 3 Meter hoch und hatten eine quadratischen Grundschnitt, welcher sich nach oben hin
verbeiterte. Auch hier fand man die Entfernung zum Nachbarort und eine Nummerierung. Die Halbmeilensäulen
wurden im Abstand von einer Stunde aufgestellt, weshalb man sie auch Stundensäule nannte. Die  Viertelmeilensteine sind die kleinsten Vertreter. Sie hatten eine Höhe von 1,7 Meter. Auch auf ihr befand sich eine Reihennummer. Diese ist bei den Viertelmeilensteinen durch die Reihenfolge immer ungerade.

Im Jahre 1858 wurden nach der Anpassung der Längeneinheit in Sachsen auf die „kleine Meile“ (heute 7,5 km) die
königlich-sächsischen Meilensteine wirksam. Zu ihnen zählten die Stationssteine, Ganz- und Halbmeilensteine, Abzweigsteine sowie Grenzübergangssteine. Alle Steine verfügen über einen gusseiserne Krone sowie einen Schriftteil. Mit der Pariser Meterkonvention zur Einführung des Meters und des Kilometers verloren die Meilensteine nach nur 15 Jahren ihre Berechtigung. Bei einem Teil der bestehenden Steine wurden die Angaben korrigiert, weshalb man heute noch Meilensteine mit den Entfernungsangaben in Meilen und in Kilometern findet. Heute sind vielerorts Städte, Gemeinden, Heimatvereine und Stiftungen bemüht alte Postmeilensäulen und -steine zu erhalten oder im ursprünglichen Aussehen wieder aufzustellen.

Diesen Artikel finden Sie auch im ARGOS II/2015

Kommentieren Sie den Artikel: