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Klimaforscher Gerald Haug steht künftig an der Spitze der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina

Von links: Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff, Präsident Jörg Hacker, der designierte Präsident Gerald Haug, Bundeswissenschaftsministerin Anja Karliczek, Staatsminister Hendrik Hoppenstedt; Foto: Leopoldina

Anlässlich der Feier zur Amtsübergabe in Halle (Saale) am vergangenen Freitag hat der Mikrobiologe Jörg Hacker die Amtskette des Präsidenten der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina an den Klimaforscher Gerald Haug übergeben. Gerald Haug ist für fünf Jahre gewählt und tritt das Amt am 1. März 2020 an. Jörg Hacker leitete die Akademie zehn Jahre lang und scheidet nach zwei Amtszeiten turnusgemäß aus. In Vertretung von Bundeskanzlerin Angela Merkel hielt Staatsminister Hendrik Hoppenstedt eine Ansprache. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff sprach ein Grußwort zur Amtsübergabe.

Jörg Hacker betonte in seiner Abschiedsrede die Bedeutung von Wissenschaftsfreiheit, sagte aber auch: „Selbstverständlich müssen wir, wenn wir die Wissenschaftsfreiheit verteidigen, auch die Verantwortung dafür übernehmen, dass die von uns gelebte Freiheit von Forschung und Lehre das Gemeinwohl fördert, wenn auch in vielen Fällen langfristig und auf verschlungenen Wegen.“ Hacker dankte seinem Nachfolger Gerald Haug für das bisherige gemeinsame Wirken und sagte: „Diese Erfahrung der Zusammenarbeit macht mich sicher, dass sich die Leopoldina unter Ihrer Präsidentschaft erfolgreich weiterentwickeln und dabei auch neue Wege gehen wird.“

In seiner Rede zum Amtsantritt sagte Gerald Haug: „Die Abschiedsrede meines Vorgängers Jörg Hacker hat mir zweierlei erneut deutlich vor Augen geführt: erstens, welch hohe Verantwortung der Leopoldina-Präsident trägt, und zweitens, welch vielfältige Chancen er hat, die Wissenschaft und ihren Dialog mit der Gesellschaft voranzubringen.“ Er nannte in seiner Ansprache Themenbereiche, die derzeit hohe Priorität haben, darunter den Klimawandel, die Digitalisierung und die globale Gesundheit. Im Hinblick auf die wissenschaftsbasierte Politikberatung der Akademie sagte Haug: „Es ist mir besonders wichtig, unsere Fähigkeit zu stärken, Fragestellungen zu antizipieren, die in einem kurzfristigen Horizont große Relevanz haben werden. Wir müssen in der Lage sein, auf nationaler wie internationaler Ebene gesellschaftlich brennende Themen innerhalb weniger Wochen zu bearbeiten – selbstverständlich unabhängig und verlässlich.“

Gerald Haug wurde 2012 als Mitglied in die Leopoldina in der Sektion Geowissenschaften aufgenommen. Er war von 2015 bis 2020 Mitglied des Senats der Akademie. 2016 wurde er als Sprecher der Klasse I: Mathematik, Natur- und Technikwissenschaften gewählt. Haug arbeitete an mehreren Veröffentlichungen zur wissenschaftsbasierten Politikberatung mit, voriges Jahr als einer der beiden Sprecher der Arbeitsgruppe „Klimaziele 2030: Wege zu einer nachhaltigen Reduktion der CO₂-Emissionen“. 2015 war Haug Mitautor der Stellungnahme zur Zukunft der Ozeane, die von den Wissenschaftsakademien der G7-Staaten in Vorbereitung auf den Gipfel in Elmau erarbeitet und an die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten übergeben wurde.

Gerald Haug ist Klimaforscher, Geologe und Paläo-Ozeanograph. Er erforscht die Entwicklung des Klimas der letzten Jahrtausende bis Jahrmillionen. Dafür untersucht er Sedimentkerne, die aus dem Grund von Ozeanen und Seen herausgebohrt werden. Die verschiedenen Sedimentschichten geben in ihrer chemischen Zusammensetzung Hinweise auf Klimabedingungen zu der Zeit, in der sich die jeweilige Schicht ablagerte. So rekonstruiert Haug historische Klimabedingungen und deren Veränderung. Zudem erforscht er die Wechselwirkungen zwischen Klima und Kulturen.

Jörg Hacker etablierte die Leopoldina in den zehn Jahren seiner Amtszeit als Beraterin zu gesellschaftlichen Herausforderungen national und international sowie als angesehene Partnerin im weltweiten Akademiendialog. Während seiner Amtszeit wurden viel beachtete Stellungnahmen zu Zukunftsthemen wie Bioenergie, Klimaschutz, Präimplantationsdiagnostik und Genomchirurgie veröffentlicht. In aktuellen öffentlichen Debatten äußerte sich die Leopoldina beispielsweise zur Energiewende nach dem Reaktorunglück von Fukushima 2011, zum Ebola-Ausbruch 2014 und zur Belastung der Atemluft durch Stickoxide und Feinstaub 2019. Während Jörg Hackers Amtszeit wurde die Beratung der G7-Gipfel durch die Wissenschaftsakademien der beteiligten Länder intensiviert und die Beratung der G20-Treffen aufgebaut. Die Leopoldina erweiterte ihre globalen Kontakte und vereinbarte Partnerschaftsabkommen mit nationalen Wissenschaftsakademien unter anderem mit Israel, Südafrika und China.

Als Nationale Akademie der Wissenschaften leistet die Leopoldina unabhängige wissenschaftsbasierte Politikberatung zu gesellschaftlich relevanten Fragen. Dafür erarbeitet sie Stellungnahmen auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse. Die Leopoldina arbeitet dabei eng mit der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften und der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften acatech zusammen. Die Leopoldina ist Mitglied der Allianz der Wissenschaftsorganisationen. Als Nationale Akademie der Wissenschaften vertritt sie zudem die deutsche Wissenschaft in internationalen Gremien. Mit ihren rund 1.600 Mitgliedern aus mehr als 30 Ländern vereinigt sie Expertise aus nahezu allen Wissenschaftsbereichen. Die Leopoldina wurde 1652 gegründet und 2008 zur Nationalen Akademie der Wissenschaften Deutschlands ernannt. Seit der Ernennung zur Nationalakademie wird die Präsidentschaft hauptamtlich wahrgenommen.

Bild: Von links: Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff, Präsident Jörg Hacker, der designierte Präsident Gerald Haug, Bundeswissenschaftsministerin Anja Karliczek, Staatsminister Hendrik Hoppenstedt; Foto: Leopoldina

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